Die subtile Kunst des darauf Scheißens (German Edition) by Mark Manson

Die subtile Kunst des darauf Scheißens (German Edition) by Mark Manson

Autor:Mark Manson [Manson, Mark]
Die sprache: deu
Format: azw3
Herausgeber: mvg Verlag
veröffentlicht: 2017-05-07T16:00:00+00:00


Die schicke Opferrolle

Der Verantwortungs-/Schuldirrtum erlaubt es den Leuten, die Verantwortung für das Lösen ihrer Probleme an andere weiterzureichen. Die Möglichkeit, Verantwortung durch Schuldzuweisung an andere abzugeben, verleiht Menschen ein zeitweiliges Hochgefühl und das Gefühl, moralisch im Recht zu sein.

Dummerweise ist eine Nebenerscheinung des Internets und der sozialen Medien, dass es leichter als je zuvor ist, die Verantwortung – und sei es nur die kleinste Regelüberschreitung – einer anderen Gruppe oder einer anderen Person zuzuschieben. Dieses Spiel von Schuld und Schande ist sogar recht beliebt geworden, in einigen »Crowds« scheint es sogar »cool« zu sein. Dieses öffentlichkeitswirksame Teilen von »Ungerechtigkeiten« bringt in den sozialen Medien weit mehr Aufmerksamkeit und emotionale Ergüsse ein als andere Ereignisse. Es belohnt Menschen, die sich fortwährend als Opfer fühlen, mit ständig wachsender Aufmerksamkeit und Sympathie.

Der »Opferrollenschick« ist heute links und rechts in Mode, bei den Reichen wie bei den Armen. Vermutlich ist es das erste Mal in der ­Geschichte der Menschheit, dass sich jede einzelne demografische Gruppe unfair behandelt fühlt – und zwar alle gleichzeitig. Und alle reiten auf dem hohen Ross der moralischen Empörung.

Im Moment ist jeder wegen irgendetwas beleidigt – sei es dadurch, dass im Seminar in der Uni ein Buch über Rassismus durchgesprochen wurde, dass die Weihnachtsbäume im örtlichen Einkaufszentrum verboten wurden, oder dadurch, dass die Steuern auf Investmentfonds um einen halben Prozentpunkt erhöht wurden. All dies fühlt sich nach Unterdrückung an und verleiht den Gruppen das Recht auf Empörung und sichert ihnen ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit.

Die aktuelle Medienlandschaft fördert dieses Verhalten und setzt es sogar endlos fort, denn letztendlich ist es gut fürs Geschäft. Schriftsteller und Medienkommentator Ryan Holiday nennt das »Empörungspornografie«: Statt über wirkliche Geschichten und echte Probleme zu berichten, ist es für die Medien einfacher (und lukrativer), etwas leicht Anstößiges zu finden, dies einem großen Publikum vorzusetzen, auf diese Weise Entrüstung zu erzeugen und diese Entrüstung dann wiederum so zu verbreiten, dass sie noch mehr Teile der Bevölkerung entrüstet. Das löst eine Art Bullshit-Echo aus, das zwischen zwei erfundenen Flügeln hin und her hallt und in der Zwischenzeit alle von den echten gesellschaftlichen Problemen ablenkt. Kein Wunder, dass wir in politischer Hinsicht mehr denn je polarisiert sind.

Das größte Problem ist, dass der Opferrollenschick die Aufmerksamkeit von den wirklichen Opfern abzieht. Es ist wie in der Fabel von Äsop, in der ein Hirtenjunge aus Langeweile »Wolf!« schreit und ihm die Menschen umsonst zu Hilfe eilen. Als dann in Wirklichkeit ein Wolf bei der Herde auftaucht, nehmen die Menschen seinen Hilferuf nicht mehr ernst und die ganze Herde fällt dem Raubtier zum Opfer. Je mehr Menschen sich selbst schon bei dem kleinsten Verstoß als Opfer sehen, desto schwerer kann man die wirklichen Opfer erkennen.

Die Leute werden süchtig nach dem Gefühl, angegriffen oder gekränkt worden zu sein, denn es gibt ihnen einen Kick: Selbstgerecht und moralisch überlegen zu sein, fühlt sich einfach gut an. Der politische Cartoonist Tim Kreider drückte es in einer Kolumne der New York Times so aus: »Entrüstung ist wie viele andere Dinge, die sich eine Weile lang gut anfühlen, die uns aber dann von innen heraus auffressen.



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